In Würde Abschied nehmen
Neuer Ratgeber informiert umfassend über Beratungs- und Betreuungsangebote bei fehl- und totgeborenen Kindern
Der Arbeitskreis „Abschiedskultur früher Tod“ an der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauenkrankheiten der Universitätsmedizin Mainz hat einen neuen Ratgeber erstellt, der Frauen und deren Partner und Angehörige umfassend über den würdigen Umgang mit fehl- und totgeborenen Kindern in der Universitätsmedizin und über das Beratungs- und Betreuungsangebot während und nach dem Klinikaufenthalt informiert. Heute haben Mitglieder des Arbeitskreises den Ratgeber an die Stationen und den Kreißsaal der Frauenklinik übergeben.
Frauen, die ihr Kind durch eine Fehl- oder Totgeburt verloren haben, stehen oft unter Schock: Der Verlust des Kindes löst bei ihnen Gefühle wie Verzweiflung, Wut, Trauer, Hoffnungslosigkeit oder eine große Unsicherheit aus. In dieser Ausnahmesituation bietet der neue Ratgeber „Abschied nehmen“ Rat und Hilfe, vermittelt Gesprächspartner und informiert über den würdigen Umgang mit fehl- und totgeborenen Kindern in der Universitätsmedizin Mainz.
Erstellt wurde der neue Ratgeber durch den Arbeitskreis „Abschiedskultur früher Tod“, der darin die Ergebnisse seiner einjährigen Zusammenarbeit vorstellt. Der Arbeitskreis ist an der Universitäts-Frauenklinik angesiedelt. Vertreter unterschiedlicher Berufsgruppen gehören ihm an – darunter Pflegende, eine Hebamme, eine Ärztin, eine Sozialberaterin, eine Psychologin, eine Vertreterin des klinischen Ethikkomitees, Seelsorgerinnen beider Konfessionen, eine Trauerbegleiterin und psychosoziale Beraterinnen. „Für die Verabschiedung der verstorbenen Kinder ist ein so genanntes Mosekörbchen vorgesehen, das den Stationen und dem Kreißsaal zur Verfügung stehen soll. Dabei erläutert der Ratgeber in behutsamer Weise, was mit dem verstorbenen Kind in der Universitätsmedizin weiter geschieht, also beispielsweise, dass es in das Institut für Pathologie überführt wird“, erläutern Heike Knögel von der katholischen Klinikseelsorge und Adele Kammerschmitt vom Sozialdienst katholischer Frauen. „Unserem interdisziplinären Arbeitskreis ist es gelungen, darüber hinaus ein umfassendes Betreuungsangebot für Frauen zu entwickeln, die aufgrund einer Totgeburt oder eines Schwangerschaftsabbruchs ihr Kind sehr früh verloren haben.“
So informieren die Inhalte der Mappe darüber welcher Dienst der Klinik den Familien für welchen Handlungsschritt zur Verfügung steht, welche Möglichkeiten die Familien haben, sich von ihrem Kind angemessen und in Würde zu verabschieden und wie die Frauenklinik und das Institut für Pathologie mit dem Kind umgehen. Ferner finden betroffene Familien Information über die Bestattungsorte in Mainz und in der Umgebung, über die psychosozialen und seelsorgerlichen Begleitangebote während des Klinikaufenthaltes und Beratungen über den Klinikaufenthalt hinaus sowie vielfältige Verweise auf Literatur und Internetadressen.
Nicht nur für die betroffenen Frauen stellt der Arbeitskreis mit dem neuen Ratgeber wertvolle Informationen zur Verfügung, er entwickelt auch neue Standards zur Kooperation und gegenseitigen Unterstützung der beteiligten Berufsgruppen untereinander, um Krisensituationen gemeinsam adäquat zu begegnen. Der Ratgeber steht als gemeinsames Projekt zu Beginn der interdisziplinären Arbeit. „Es gilt sich den Herausforderungen zu stellen, den frühen Tod als unausweichlichen Teil des Lebens zu sehen und ihn nicht zu tabuisieren, sondern den Betroffenen, wie den Mitarbeitern, einen respektvollen Umgang und Abschied zu ermöglichen“, erläutert Petra Höhr, Stationsleitung in der Frauenklinik. „Durch die interdisziplinäre Besetzung des Arbeitskreises soll die Zusammenarbeit der beteiligten Berufsgruppen untereinander gefördert und die große Belastung auf mehrere Schultern verteilt werden, so dass auch die beteiligten Mitarbeiter ein Netz der qualifizierten Unterstützung erfahren. Dieses konstruktive Miteinander hilft allen eine Sprachlosigkeit zu überwinden, die eine solche Extremsituation auslöst.“
„Aus der täglichen Arbeit im Kontext der pränatalen Diagnostik entstand der Wunsch einer institutionalisierten interdisziplinären Zusammenarbeit, des kollegialen Austauschs und gemeinsamer Fallbesprechungen“, erläutert der Direktor der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauenkrankheiten, Univ.-Prof. Dr. Heinz Kölbl. „Daher wurde der Arbeitskreis ‚Abschiedskultur früher Tod’ gegründet. Für unsere Arbeit im Rahmen der Geburtshilfe und Pränataldiagnostik ist er eine sehr wertvolle Einrichtung.“
Weitere Informationen:
Welches Angebot hat die Psychosoziale Beratung und Begleitung im Kontext pränataler Diagnostik?
§ Beratungsangebot parallel zu den Untersuchungszeiten des Pränatalmediziners Prof. Dr. med. Michael Tchirikov jeden Dienstag von 9.00 – 13.00 Uhr, vor Ort in der Abteilung für Ultraschallmedizin.
§ Kooperation zwischen der Universitätsmedizin Mainz (Frauenklinik) und dem Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Mainz.
§ Kooperation mit der Beratungsstelle ARQUE, der Stiftung „Ja zum Leben“ und der Psychologin der Frauenklinik
§ Angebot seit 2007, psychosoziale Beratung umfasst die Beratung vor, während und nach pränataler Diagnostik und pathologischem Befund.
§ Einige Zahlen: 2009 wurden insgesamt 87 Patientinnen teilweise mit mehreren Gesprächen beraten. Zum Beispiel: 15 Patientinnen/Paare nach pathologischem Befund, 20 Patientinnen vor einer geplanten Fruchtwasseruntersuchung, 11 nach einer Untersuchung, 18 nach dem so genannten Kontrollscreening (Organscreening).
Was ist die Aufgabe der Seelsorge in der Frauenklinik?
§ Seelsorgerinnen und Seelsorger beider Konfessionen sind von den Kirchen zur Klinikseelsorge an der Universitätsmedizin beauftragt.
§ Sie bieten den betroffenen Müttern und deren Angehörigen Begleitung, Beistand und Gespräche an.
§ Sie segnen das verstorbene Kind im Rahmen einer Aussegnung im Kreißsaal oder im Krankenzimmer auf Station, um das Kind würdevoll zu verabschieden
§ Sie unterstützen und begleiten ebenfalls das Personal und tragen zur besseren seelischen Verarbeitung der erlebten Situationen bei.
§ Die Seelsorgenden der Frauenklinik und der Kinderklinik sind im Arbeitskreis „Abschiedskultur früher Tod“ beteiligt. Sie tragen mit ihrer Fachkompetenz zum achtsamen Umgang bei dem so frühen Abschiednehmen vom Leben und zur Trauerbegleitung bei.
§ Sie unterstützen Maßnahmen zur Förderung einer sensiblen und förderlichen Kommunikation in Situationen des Verlustes.
§ Die Seelsorge gestaltet die Verabschiedungsgottesdienste „Sternengarten“ der Stadt Mainz, die zweimal im Jahr auf dem Hauptfriedhof stattfinden.
Ansprechpartnerin
Heike Knögel; Pastoralreferentin, Klinikseelsorgerin
E-Mail: knoegel@seelsorge.klinik.uni-mainz.de
Pressekontakt
Dr. Renée Dillinger-Reiter, Stabsstelle Kommunikation und Presse Universitätsmedizin Mainz,
Tel. 06131 / 17-7428, Fax 06131 / 17-3496, E-Mail: pr@unimedizin-mainz.de